CN Substanzen, Drogen, Sucht, Trauma
Prolog
Mein Name ist Jack (zumindest sagen wir das hier einfach mal, okay?).
Ich bin ein junger Mann aus Leipzig und ich hab ein Problem. Kein Kleines, und auch nicht nur eins. Aber von vorn.
Meine frühe Kindheit war soweit erstmal recht gewöhnlich und bis zur Schule auch meistens angenehm. Im Alter von ungefähr 8 Jahren änderte sich die Lage. Mitschüler*innen sahen in mir ein leichtes Ziel für Erniedrigung, Hänselei und später auch Prügel, während die Ehe meiner Eltern auf meinem Rücken zu Grabe getragen wurde. Gewalt und Ignoranz in der Schule und auch zu Hause waren meine alltäglichen Begleiter. Verstanden, dass dieses Leben nicht „normal“ ist, habe ich damals nicht im geringsten.
Die Lage hat sich lange kaum verändert.
Bis ich 14 war, besaß ich im Grunde weder soziale Kompetenz noch Freundschaften. Der gesammelte Frust und die ständige Ablehnung hatten in der Zwischenzeit einen frühpubertären Chaoten aus mir gemacht, der keine Gelegenheit auslassen wollte, Scheiße zu bauen. Vom depressiven Alltag geplättet und voller Drang zu rebellieren, traf mich der starke Wunsch, mein Bewusstsein in irgendeiner Weise zu verändern.
Was läge da näher als Rausch? Gesagt, getan. Was folgte, waren sieben Jahre zwischen Aufstand und Absturz. Bier und Gras, die ersten Demos und Partys; soweit, so klassisch. Ich hab nie genug bekommen, wollte immer mehr spüren, aber eigentlich doch gar nichts mehr spüren. Mein Weg führte weiter, über wöchentliche, mehrtägige Raves bei hemmungslosem Mischkonsum aller erdenklicher chemischer Drogen. XTC, Amphetamine, Ketamin, manchmal GBL und später vor allem Kokain. Inzwischen war Alkohol mein täglicher Begleiter und fast wichtiger als Essen geworden.
Im Zuge der Pandemie und einer schmerzhaften Trennung verlagerte sich mein Konsum immer weiter vom Partyexzess weg, hin zum Verdrängungsmechanismus im Alltag. Inzwischen ging es mir verdammt dreckig. Häufige Panikattacken, körperliches Unwohlsein und meine ständigen Filmrisse müssen auf einige Freund*innen schließlich so besorgniserregend gewirkt haben, dass sie eine Intervention starteten. Zuerst wurde ich panisch, wollte einfach nur flüchten und meine Sorgen wieder ertränken. Das übliche Muster hat jedoch mittlerweile nicht mehr dabei geholfen, den seelischen Schmerz zu betäuben. Mittlerweile bin ich dankbar dafür, dass mir aufgezeigt wurde, dass ich Hilfe brauche.
Diese werde ich ab jetzt auch bekommen. Am 7.4. beginnt mein Aufenthalt in der stationären Entgiftung. Meine Texte hier sind der Versuch, die dort erlebten Dinge zu verarbeiten, zu teilen, zu reflektieren. In den nächsten drei Wochen werden immer wieder kleine Berichte aus meinem Leben in der Klinik und meinem Weg aus der Sucht, hier erscheinen.
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