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Ein weißer Hintergrund, vor dem BLumen liegen. Rechts ist eine lila Katze mit einem trans pride Halsband, die eine Tastatur in der Pfote hält und mit der anderen den Mittelfinger zeigt.
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Meine Existenz ist kein Nebenwiderspruch!

TL;DR: Transfeindlichkeit in feministischen Kontexten ist ein Problem. Solidarität funktioniert nicht, wenn Cis-Sexismus die Grundlage ist. Theoriearbeit ist wichtig. Und Praxis auch. Nebenwiderspruch nervt.

Anmerkungen vor dem Lesen: Der Text sammelt einige meiner Gedanken. Er ist nicht sehr vollständig und mäßig gut strukturiert. Gleichzeitig ist er sehr voraussetzungsvoll. An den Stellen, an denen mir das selbst aufgefallen ist, gibt es Fußnoten mit Verweisen, wo Sachen nachgelesen werden können. Es gibt keinerlei Anspruch für alle trans Personen zu sprechen. Natürlich stehe ich nicht außerhalb der Gesellschaft, deswegen nehme ich auch verschiedene Positionen in verschiedenen Machtverhältnissen ein. Ich verzichte auf meine Privilegienliste an dieser Stelle und beschränke mich auf den im Text gewählten analytischen Fokus. Ich bin nicht-binär trans und kein Nebenwiderspruch.

Alle Jahre wieder…

In den letzten Tagen und Wochen vor dem 8. März ploppten im Internet und außerhalb dessen Diskussionen zu Feminismus und Transfeindlichkeit auf. Als nicht-binäre trans Person habe ich bei dem Thema wenig Möglichkeit, mir auszusuchen, ob ich mich damit beschäftigen will. Manchmal ziehe ich mich aus Selbstschutz raus, um emotionalen Abstand zu gewinnen. Dabei besteht eine Notwendigkeit, sich in feministischen/linken/kommunistischen Kontexten mit Transfeindlichkeit in diesen Kontexten zu beschäftigen.

Transfeindlichkeit als nicht emotionales Thema zu framen, fände ich selbst seltsam. Natürlich macht das etwas mit mir, Transfeindlichkeit zu erleben, davon zu lesen und mich damit zu beschäftigen. Aber das Thema deswegen als emotionales und kontroverses Thema zu framen, zeigt schon, was schief läuft. Es erfolgt eine Individualisierung der Transfeindlichkeit. Probleme mit Transfeindlichkeit werden als individuelle Probleme dargestellt, anstatt die damit verbundenen strukturellen Machtverhältnisse anzuerkennen. Durch die Verschiebung auf die individulle Ebene verletzter Gefühle, fällt die Machtstruktur von cis Personen in diesem Verhältnis weg.

Wer spricht über wen? Und wie?

Bevor weiter über Inhalte solcher Diskussionen gesprochen werden kann, muss vorher noch weiter über die Form der Diskussionen gesprochen werden. Transfeindlichkeit findet für trans Personen oft täglich statt. Cis Personen werden in der Regel erst dann auf Transfeindlichkeit aufmerksam, wenn jemand über Transfeindlichkeit als solche spricht. Sprechen trans Personen dann die Transfeindlichkeit, erfolgt eine bemerkenswerte Täter-Opfer-Umkehr. Nicht die Transfeindlichkeit wird als Gewalt betrachtet, sondern die Kritik der trans Personen an dieser Transfeindlichkeit. Damit einhergehend erfolgt oft tone policing. Der Ton der trans Personen wäre gewaltvoll. In feministischen Kontexten erfolgt häufig der Vorwurf, dass die trans Personen damit Gewalt gegen Frauen ausüben würden.1

Wie angenehm so ein Rahmen Diskussionen für trans Personen werden lässt, na ja, nicht sehr. Das liegt auch daran, dass in feministische Kreisen Transfeindlichkeit häufig als ein Nebenwiderspruch verhandelt wird. Man ist ja schon feministisch unterwegs, also halt für (cis) Frauen. Sich dann noch mit der Existenz von trans Personen zu beschäftigen, sprengt den Rahmen. Es wird als eine Sonderleistung abgehandelt, eine Zusätzlichkeit in feministischen Kreisen, die nicht zwingend erfolgen muss. Wenn nicht nur irgendwelche Menschen im Internet so über die eigene Existenz diskutieren, sondern auch FreundInnen der Nebenwiderspruchs-Logik verfallen? Ist nicht sonderlich angenehm.

Alles nur akademisch

Wenn dann nun Transfeindlichkeit angesprochen wurde, erfolgt fast reflexhaft der Vorwurf, dass es ein viel zu akademischer Diskurs ist. Für Kritik an zu viel akademischen Sprechen und Verhalten bin ich immer zu haben2. Wofür ich nicht zu haben bin, ist, was in diesem undifferenziertem Vorwurf mit drin steckt. Einmal wird ignoriert, dass nicht alle trans (oder auch anderen queeren Personen) einen akademischen Hintergrund haben. Können sie deswegen nicht über die gleichen Themen sprechen? Ich glaube nicht. Außerdem gibt es auch cis Personen ohne akademischen Hintergrund, die sich mit Themen wie Transfeindlichkeit auskennen.

Es braucht keinen Studienabschluss, um sich mit Theorie auseinander zu setzen. Und: Diskussionen dazu werden nicht nur in akademischen Blasen geführt. Ganz viel geschieht außerhalb dieser Blasen. Wenn einer cis Person das nicht auffällt, ist vielleicht davon auszugehen, dass diese Person selten Luft außerhalb ihrer akademischen Blase schnuppert. Die Gespräche, die ich zum Beispiel zu Transfeindlichkeit führe, sind meistens ganz weit weg von akademischen Diskursen. Da geht es nicht um Theorien aus den Trans Studies, sondern um Basics. Zum Beispiel, dass ich nicht misgendert werden möchte. Meine Geschlechtsidentität ist nämlich keine abstrakte Überlegung zu Abschaffung von Geschlechtern, sondern einfach ich. Dass irgendwelche Akademiker*innen da etwas reininterpretieren, dafür kann ich auch nichts.

Manchmal kommt es mir vor, als hätte der Vorwurf von „Das ist alles nur akademisch!“ den Vorwurf „Das wurde sich alles auf Tumblr ausgedacht!“ abgelöst. Letztendlich stimmen beide Vorwürfe so nicht: trans Personen existieren unabhängig von akademischen Diskursen und Diskursen im Internet. Und unabhängig von diesen Diskursen ist Solidarität mit trans Personen gefordert. Hinter den Vorwürfen steckt aber oft der Unwille, sich als cis Person, also als nicht negativ von Transfeindlichkeit betroffener Person, mit Transfeindlichkeit auseinanderzusetzen. Denn da könnte es dann unangenehm werden.

Feministischer Kampftag? Frauenkampftag?

Was mich auch dazu gebracht hat, diesen Text zu schreiben, ist die Diskussion, ob der 8. März feministischer Kampftag oder Frauenkampftag3 heißen sollte. Anstatt die ganze Diskussion zu wiederholen, will ich auf ein paar Punkte eingehen4. Diese sind mir besonders aufgefallen. Es ist leicht sich als cis Person hinzustellen und zu sagen, dass das alles Wortklauberei ist. Irgendwo ist es das auch. Leider zeigt aber diese Wortklauberei auch den aktuellen Stand eines trans-exklusiven Feminismus in Deutschland auf – die Diskussion ist quasi die Spitze des Eisberges.

Die Bezeichnung feministischer Kampftag, die einen Tag für alle vom Patriarchat betroffenen Personen betrifft, wurde an verschiedener Stelle abgelehnt. Wenn trans und nicht-binäre Personen sagen, dass sie auch vom Patriarchat betroffen sind (und nicht nur (cis) Frauen), dann wird ihnen vorgeworfen, Leiden zu hierachisieren und das spezifische Leid von Frauen unsichtbar zu machen. Frauen würden in dem Begriff FLINTA untergehen und unsichtbar gemacht werden.

Abneigungen gegen den Begriff FLINTA kann ich verstehen. Es ist ein sperriges Akronym, dass viele verschiedene Identitäten und Kämpfe in einen Topf wirft und zu ungenauen bis falschen Analysen verleitet. Nicht alle patriarchale Gewalt trifft alle Personen, die zu FLINTA gehören, sind auf die gleiche Art und Weise getroffen. Aber zu sagen, dass eben all diese Personen vom Patriarchat negativ betroffen sind, stimmt. Daran gibt es nichts zu rütteln. Und das erstellt auch kein Leidensranking, bei dem Frauen unter den Tisch fallen würden. Wenn in der Regel wer unter den feministischen Tisch fallen gelassen wird, dann nicht das F von FLINTA.

trans Historie und Nebenwiderspruch

Ein weiteres Argument gegen die Bezeichnung feministischer Kampftag wird versucht, aus der Geschichte des Tages abzuleiten. Es seien schließlich (cis) Frauen auf die Straße gegangen damals und ja, damals sind sicher (cis) Frauen auf die Straße gegangen. Aber zu behaupten, dass nur cis Frauen auf die Straße gegangen sind, geht nicht klar. Label wir trans oder nicht-binär mögen neu sei, die damit verknüpften Existenzen sind es sicher nicht. Und wir können nicht einfach nachträglich alle Personen zu (cis) Frauen erklären. Mit dem Entstehen solcher Label in westlichen Kontexten sind diese Existenzen sichtbar geworden und haben ebenso feministische Kämpfe ausgetragen. Dies alles als weniger wichtig zu behandeln, zeugt von einem tief verankerten Cis-Sexismus5, bei dem trans Existenzen am Ende immer als weniger wertvoll, weniger nennenswert und weniger lebenswert gelten. Und das trifft dann auch wieder auf die aktuelle Diskussion zu, in der es für viele bei einem Frauenkampftag bleibt.

Cis-Sexismus

Wenn andere Argumente in der Diskussion betrachtet werden, zeigt sich immer wieder Cis-Sexismus. Daran zeigt sich nicht nur, wie fest Cis-Sexismus auch in als links geltenden Kreisen verankert ist. Es zeigt sich auch, was die Grundlage dafür ist, dass Kämpfe gegen Transfeindlichkeit als Nebenwiderspruch abgetan werden können: eine cis-sexistische Haltung, ob bewusst oder unterbewusst, kann zu nichts anderem als dem Abtun von diesen Kämpfen als weniger wichtig führen.

Die eigentliche Diskussion, ob es nun feministischer Kampftag oder Frauenkampftag heißt, scheint zunächst auch keine (großen) Auswirkungen zu haben. Dennoch ist es symbolisch dafür, wie trans-exklusiv Feminismus funktionieren kann. An diesem Punkt verlasse ich kurz den Versuch einer theoretischen Einordnung. Ich will nicht künstlich meine persönlichen Emotionen aufgrund meiner Betroffenheit von dem, was ich als Analyse aufstelle, trennen.

Vielleicht kann man es auch als Beispiel dafür sehen, was in der Diskussion stellenweise untergeht: Bereits Jahre vor meinem Coming Out als nicht-binäre trans Person und auch seitdem bin ich in feministischen Kontexten aktiv. Wenn ich von der Zeit vor meinem Coming Out spreche, dann ist darin auch eine lange Zeitspanne inbegriffen, in der ich für mich wusste, dass ich keine cis Frau bin. Bis ich angefangen habe, mit meinem Umfeld darüber zu sprechen, hat es nochmal gedauert. Und in dieser ganzen Zeit hab ich Kraft in feministische Arbeit gesteckt.

Hätte ich nach meinem Coming Out aufhören sollen? Mich nur noch als Ally für cis Frauen verstehen sollen? Es macht für mich persönlich keinerlei Sinn. Wer meine Geschlechtsidentität nicht kennt, wird mich in die Schublade Frau stecken. Was (cis) Frauen im Alltag an Sexismus und Misogynie begegnet, begegnet mir genau so. Ich gehe am 8. März auch auf die Straße für ein Recht auf reproduktive Selbstbestimmung, gegen Sexismus, Objektifizierung und all das, was eben sonst noch zum Kampftag gehört.

trans*fläche

Zurück zur eigentlichen Analyse: Cis und Trans sind in diesem Fall nicht die feststehenden Kategorien, als die sie oft begriffen werden.6 Und das ist nur mein persönlicher Fall, auch andere nicht-binäre Personen und trans Männer sind bzw. können von dem Sexismus betroffen sein, der auch mir begegnet. Eine stabile Analyse wäre in der Lage, dies zu benennen, anstatt Betroffenheits-Bingo zu spielen. Es geht nicht darum, dass Leid von (cis) Frauen zu verbergen, sondern aufzuzeigen, dass sie nicht die einzig Betroffenen patriarchaler Gewalt sind. Solange aber im Sinne des Cis-Sexismus die Leben und Körper von trans Personen als weniger wichtig erachtet werden, wird natürlich auch ihre Betroffenheit patriarchaler Gewalt als weniger wichtig erachtet. Es geht nicht um Leidenshierachisierung, sondern die fehlende Anerkennung der Betroffenheit von trans Personen im Allgemeinen.

Während ich mit diesem Text angefangen habe, ist die Diskussion zur Besetzung und dem Zine von trans*fläche hochgekocht. Das hat nochmal einiges bei mir hochgeholt. Auch hier möchte ich keinen Überblick zur Diskussion zu bieten, sondern die Punkte, die mir besonders ins Auge gefallen sind, aufgreifen.

Eine Gruppe trans Personen hat ein Haus besetzt und ein Zine veröffentlich. In diesem Zine wurden persönliche Erfahrungen der Personen in Text- und Gedichtform geteilt. Grundton ist dabei eine Kritik an einem trans-exklusiven Feminismus.

Zwischen Twitter und GESA.

Reaktionen darauf waren (und nicht von TERFs, von denen das ja auch irgendwie zu erwarten ist, sobald trans Personen existieren) Wellen von Transfeindlichkeit und Solidaritätsentzug. Während das Internet tobte, wurden die Besetzer*innen mit Polizeigewalt in die Gesa geworfen. Alleine hieran zeigt sich schon wieder ein cissexistischer Grundton: Anstatt Prinzipien der Roten Hilfe hochzuhalten, wie zum Beispiel eine strömungsübergreifende Solidaritat bei Repression, musste erstmal ins Internet gehackelt werden. Wichtiger als Anti-Repressionsarbeit war, Statements rauszuhauen, wie schrecklich dieses Zine doch sei.

Bei der zuvor genannten Diskussion zum Kampftag sind schnell viele Statements durch das Internet geflattert, dass kritische Solidarität wichtig sei. Dass Fehler gemacht werden können. Hieran zeigte sich dann, dass es vertretbare Fehler waren, sich mit TERFs einzulassen, transfeindliche und cis-sexistische Argumentationen zu vertreten und trans Personen aus feministischen Kontexten zu schieben. Hingegen ein Zine mit persönlichen Erfahrungen zu veröffentlichen ging zu weit, dies erforderte sofortigen Solidaritätsenzug, Repression hin, Repression her.

Das Zine.

Und ja, ich habe das Zine gelesen. Ich bin kein großer Fan von Zines, mir macht Theoriearbeit wesentlich mehr Spaß als zig Texte zur individuellen Emotionslage zu lesen. Für mich erschließt sich auch nur begrenzt viel Sinn darin, und gar keiner, wenn keine theoretische Einbettung erfolgt.

Als ich dann auf Insta gelesen habe, dass das Zine frauenfeindlich sei, die Besetzter*innen mit Incels verglichen und trans Personen Schuld an Femiziden seien, dachte ich, okay, mal schauen was da rausgehauen wurde. Und siehe da: Es sind vor allem persönliche Erfahrungen und Einblicke in Emotionen. Manches davon finde ich nachvollziehbar (just stop Frauen*), bei vielem fehlt mir eine theoretische Einbettung. Wieder anderes ist verkürzt dargestellt. Und: einige Punkte können sicher kritisiert werden7. Ich glaube, dass es zwar sehr gut tun kann, Emotionen rauszulassen und aufzuzeigen, wie beschissen Transfeindlichkeit in feministischen Kontexten für trans Personen ist. Ob das Zine aber in diesem Rahmen für die Aktion die geeignete Form war, bezweifle ich.

Der Nebenwiderspruch – die heterogene Masse

Hierzu noch ein ganz persönlicher Einschub: Ich will mich nämlich nicht zwanghaft zu allem positionieren müssen, was andere trans Personen sagen oder machen. Ich bin es so leid, dass cis Friends mit mir darüber sprechen wollen, dass trans Person xy dieses oder jenes gesagt hat und dass das ja nicht in Ordnung ist. Guess what, trans Personen sind keine homogene Masse und ich werde nicht auf einmal anfangen, beschissene Positionen zu vertreten, nur weil eine andere trans Person etwas gesagt hat.

Kritische Solidarität – nur für Cissen?

So viel dazu. Was in der ganzen Diskussion zwischen den üblichen terfigen bis cis-sexistischen Kommentaren (die alle wieder durchzugehen unendlich mühsam ist und woran man sieht, dass sich seit Janice Raymond8 dann doch nicht so viel getan hat) noch besonderen Augenmerk verdient: die Besetzer*innen wurden mit Incels verglichen bzw. gleichgesetzt. Ich weiß gar nicht, wo man da anfangen soll. Dass trans Personen, insbesondere trans Frauen Antifeminismus, Sexismus und ähnliche Dinge vorgeworfen werden, ist nichts Neues.

Die Macht von trans Personen wird im Zuge dessen oft hochstilisiert und es werden munter Verschwörungsmythen geteilt, wie mächtig trans Personen seien. Dass das nicht der Realität entspricht, ist hoffentlich klar. Ich sage hoffentlich, und weiß, dass es natürlich nicht allen klar ist. Der Incel-Vorwurf ist besonders perfide, als würde sich Incel-Ideologie erstens nicht genau so gegen alle trans Personen richten und zudem erfolgt die Gleichsetzung einer marginalisierten Gruppe mit antifeministischen Abschaum, der erste bei Gelegenheit umbringt.

Dies zeigt auch wieder das cis-sexistische Problem, dass trans Personen ihr marginalisierter Status abgesprochen wird. Mir persönlich macht es keinen Spaß, den ganzen Tag zu erzählen, wie beschissen es sein kann für eine nicht-binäre trans Person, sondern ich stecke meine Energie lieber rein, etwas zu ändern. Trotzdem brauche ich manchmal Raum, zu benennen was beschissen ist und ob ich darüber spreche oder nicht, ändert auch nichts an meinem marginalisierten Status. Zum Beispiel mein Recht auf körperliche Selbstbestimmung bleibt mir so oder so verwehrt. Wenn ich bzw. andere trans Personen dann aber als gesellschaftlich extrem machtvolle Gruppe geframt werden, verkennt dies die realen Machtverhältnisse.

The last point.

Es gibt noch viel mehr, was in diesen schrecklichen Diskussionen entpackt werden könnte und müsste. Aber leider bekomme ich kein Geld wenn ich das mache sondern maximal Migräne, deswegen gibt’s an dieser Stelle nur noch einen weiteren Punkt, auf den ich eingehen möchte. Viele VerfechterInnen des Frauenkampftages und SolidaritätsentzieherInnen bei Repression haben auf Solidarität plädiert. Dass man gemeinsam kämpfen müsste. Und da gehe ich mit. Ja, es sollte ein gemeinsamer Kampf sein. Nicht nur gegen das Patriarchat, auch gegen den Kapitalismus (alles andere wäre wirklich Unfug).

Das Problem an dieser Stelle ist, dass diese Solidaritätsforderungen und –bekundungen beidseitig funktionieren müssen. Solange Cis-Sexismus die Theorie und die Praxis bestimmt, läuft es nicht. Wenn die Existenz von trans Personen in feministischen Kontexten verhandelbar ist, wenn trans Personen beständig misgendert werden, wenn ihre Kritik an Transfeindlichkeit als Gewalt behandelt wird und vieles mehr, dann fehlt die Möglichkeit, Bündnisse einzugehen. Ich will nicht mit Leuten zusammenarbeiten, wenn diese mit TERFs zusammenarbeiten (die wiederum mit Rechten zusammenarbeiten).

Ich will nicht, dass meine Existenz als Nebenwiderspruch verhandelt wird. Und wenn dann von Solidarität gesprochen wird, wird eben nur davon gesprochen. Wo sie an Kampftagen für trans Personen sind, weiß mal wieder niemand. Aber es reicht nicht, bitter auf die unpraktische Solidarität zu verweisen. Deswegen möchte ich statt der grässliche Diskussionfragen der letzten Tage, Wochen (Jahre…) lieber fragen: wie organisieren wir uns als eine Bewegung, die trans-inklusiv arbeitet? Wie verbinden wir Kämpfe gegen Patriarchat und Kapitalismus sinnvoll? Únd so weiter, und so fort.

Falls irgendwer sich gerne theoretisch bilden möchte, was das alles angeht, verweise ich neben den Fußnoten gerne (as always) auf Julia Serano, Ruth Pearce (insbesondere TERF Wars), CN Lester und die Trans Studies Reader 1 & 2. Wer sich gerne mit feministisch-materialistischen Federn schmückt, sollte sich mal Leslie Feinberg anschauen.

Mein Kopf dröhnt seit Tagen von diesen ganzen Diskussionen (und eigentlich auch seit Jahren schon), deswegen hier nur noch ganz viel Liebe für die Genoss*innen, die das alles nicht als Nebenwiderspruch betrachten, die Solidarität tatsächlich praktisch leben.

Fußnoten:

1 Wenn Menschen mehr dazu lesen wollen, kann ich den Text „An Affinity of Hammers“ von Sara Ahmed empfehlen. Sie beschreibt genauer, wie diese Diskussionstrukturen aussehen und funktionieren.

2 Ich würde mich selbst auch nie von der Kritik ausnehmen, zu akademisch unterwegs zu sein. Die Kritik in diesen Kontexten ignoriert allerdings die riesige Menge an nicht-akademisch geschriebenen und gesprochenen Infos zu Transidentität und Transfeindlichkeit.

3 Ich will an dieser Stelle nicht wiederholen, wieso Frauen* transfeindlich ist. Wer das gerne wissen will, kann sich zum Beispiel den Text der transgenialen F_Antifa dazu anschauen.

4 Wer mehr dazu lesen will: lest den sehr guten Text dazu hier!

5 Cis-Sexismus verwende ich nach Julia Serano in Ergänzung zu Transfeindlichkeit: „But transphobia isn’t merely the ‘fear’ or ‘hatred’ of transgender people. No, it is best thought of as a double standard that is pervasive in our society, and which presumes that cisgender (that is, non-transgender) bodies, identities, and experiences are valid and the unspoken norm, whereas their transgender counterparts are deemed illegitimate, inauthentic, defective, and suspect in comparison.“ ( oder auch in Whipping Girl genauer nachzulesen).

6 Wer mehr dazu lesen will, kann das zum Beispiel „Outspoken“ von Julia Serano lesen.

7 Ich hätte an dieser Stelle sehr gerne auf eine ausführliche und nicht cis-sexistische, transfeindliche, sonstwas Auseinandersetzung mit dem Zine hingewiesen, bisher konnte ich keine dazu finden. Anmerkung von Fluff: Ich überlege, eine zu schreiben. Aber gerade ist mir der Wirbel zu viel. Sollte sich das ändern, wird das hier verlinkt werden.

8 Janice Raymond hat in den 1970ern ein transfeindliches und trans-misogynes Manifest geschrieben. Stabile transfeministische Erwiderungen dazu gibt es von Carol Riddle und Sandy Stone. Wer allgemein mehr zu Trans-Misogynie lesen will, kann zum Beispiel mal in Whipping Girl von Julia Serano reinschnuppern oder auf ihrem Blog vorbeischauen.

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