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Ein weißer Hintergrund, vor dem BLumen liegen. Rechts ist eine lila Katze mit einem trans pride Halsband, die eine Tastatur in der Pfote hält und mit der anderen den Mittelfinger zeigt.
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Repräsentation und Happy End! (Don’t bury your gays)

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Vor der Pandemie hab ich fast jeden Abend mit Freund*innen verbracht. Ob bei einem gemeinsamen Essen, auf Veranstaltungen oder in Kneipen. Oder ich war damit beschäftigt, mich zu überarbeiten. Als diese Optionen letztes Jahr für mich entfallen sind, habe ich so viele Serien und Filme wie nie zuvor geschaut. Gleichzeitig habe ich wieder angefangen, Romane und insbesondere Fantasy-Bücher in rauen Mengen zu lesen. Gerade im Herbst und Winter hat alleine wohnen für mich bedeutet, abends entweder etwas zu schauen oder zu lesen. Gerade bei Serien und Filmen bin ich munter durch die Genres gehüpft. Hauptsache, es war nicht allzu traurig. Spoiler: Es hat mich trotzdem sehr traurig gemacht. Queere Repräsentation eben.

Das liegt nun sicher auch daran, dass mir durch die Pandemie viel fehlt, was für mich vorher selbstverständlich war. Aber es lag auch daran, wie queere Repräsentation abläuft. Insbesondere jene Repräsentation, mit der ich mich (mehr oder weniger) identifizieren könnte. Ich bin nicht-binär trans, bi und ace. Dass ich nicht alles auf einmal bekommen werde, obwohl ich eben auch weiß und Mittelschicht bin, war mir schon klar. Ich meine, ich habe ja auch schon vor Corona einen Netflix-Account und eine Sammlung an Romanen gehabt.

Repräsentation matters (nicht immer).

Wie schwierig die Geschichte mit der Transrepräsenation ist, wurde mir besonders klar, als ich die Dokumentation „Disclosure“ auf Netflix sah. Nicht nur, dass es so unglaublich wenig Repräsentation gibt. Wenn es mal welche gibt, ist es ein Zittern und Bangen, ob es wieder eine unglaublich transfeindliche Darstellung sein wird. Es ist auch nicht nur diese Repräsentation, die ein großes Problem ist. Wenn queere Charaktere auf dem Bildschirm oder in Büchern auftauchen, dann ist es häufig eine queerfeindliche Darstellung. Sollte das mal nicht der Fall sein und queere Personen tatsächlich als liebens- und lebenswerte Menschen gezeigt werden, hole ich vorsichtshalber schon mal die Taschentücher raus. Dann ist es in der Regel wieder soweit. Entweder heißt es nun „Bury your gays“ oder das Leben als queere Person wird als tragische Leidensgeschichte dargestellt. Wer queer ist, muss sterben (ob sinnvoll für den Plot oder nicht) oder eben ganz, ganz viel leiden.

Das bin ich dann wiederum leid. Ich bin letzten Herbst an dem Punkt angekommen, dass ich Serien, Filme und Bücher nur noch danach ausgewählt habe, ob ein Fünkchen queere Repräsentation darin vorhanden ist. Und mich somit durch die zuvor angerissenen Tropes gekämpft und bin immer trauriger und wütender geworden. Es war und ist Pandemie. So wichtig es ist, sich politisch damit auseinander zu setzen und weiterhin politisch zu arbeiten, manchmal möchte ich einfach abschalten. Etwa sehen oder lesen, das wholesome ist. Das funktioniert aber nicht, wenn queere Charaktere Leidengeschichten im Ausmaß altgriechischer Sagengestalten haben.

Irgendwo stimmt es natürlich, dass der Alltag als queere Person oft von Leid und unangenehmen bis gewaltvollen Erfahrungen geprägt ist. Jedoch nur diese in fiktiven Geschichten darzustellen, bringt zwei gewaltige Probleme mit sich. Einmal gehen dann Personen, die nicht queer sind oder zum Beispiel nicht trans sind, davon aus, dass unser Leben immer ein altgriechischer Leidensepos wäre. Und/oder sie finden in queerfeindlichen Darstellungen Legitimation für die eigenen queerfeindlichen Positionen. Das andere Problem ist, was es mit queeren Personen macht, nahezu ausschließlich solche Darstellungen zu finden. Immer wieder aufgezeigt zu bekommen, dass als queere Person, für mich insbesondere als trans Person, kein gutes Leben möglich sei, ist unglaublich deprimierend. Vor allem, wenn gerade Fantasy und Science-Fiction als Genre die Möglichkeiten bieten, Utopien aufzuzeichnen.

Queeres Leben statt Leiden.

In Fantasy- und Science-Fiction-Geschichten ist es möglich, politische Theorien auszutesten und auszuprobieren, wie eine bessere Gesellschaft aussehen könnte. Die Möglichkeiten hierzu sind buchstäblich endlos. Stattdessen sind beide Genres mit Sexismus, Rassismus, Antisemitismus und diversen Formen von Queerfeindlichkeit durchzogen. Es reicht dann auch nicht, wenn es nur gelungene weiße und queere Repräsentation gibt. Auch hier gilt, wie auch sonst in der politischen Arbeit, dass mehr als je ein Machtverhältnis miteinbezogen werden muss. Es gibt einige wenige Ausnahmen, was gelungene queere Repräsentation in Serien, Filmen und Büchern angeht. Pose und She-Ra, oder fast alles was Rick Riordan macht, gibt mir Hoffnung. Aber das ist schlichtweg zu wenig. Solange ich noch explizit danach suchen muss, ist es noch ein weiter Weg zu gehen.

Auch hinter den Kulissen muss sich etwas ändern!

Das Problem greift auch noch weiter, als in den Endprodukten zu sehen ist. Wenn die Netflix-Serie „Grand Army“ bemüht ist, auf Themen wie Rassismus oder Sexismus aufmerksam zu machen, aber gleichzeitig Mitarbeiter*innen von Rassismus berichten, läuft etwas schief. Daran zeigt sich dann auch wieder, dass mit Repräsentation nicht alles getan ist. Stattdessen gilt es, nicht auf für das gute Leben auf der Leinwand, sondern auch abseits davon zu kämpfen.

An dieser Stelle wäre normalerweise Schluss, heute möchte ich (nochmal) auf die Dokumentation „Disclosure“ auf Netflix verweisen und auf die Youtube-Videos von Khadija Mbowe, aus denen ich nochmal einiges zu Rassismus bzw. rassistischer Repräsenation lernen konnte.

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