CN Drogen, Sucht, Entzug, Entgiftung
Zweiter Tag in der Entgiftung
08.04.21
Nach der ersten Nacht auf der Quarantänestation, durfte ich heute mein richtiges Zimmer in der Therapiegruppe beziehen. Doch zuerst ging es zur Ärztin, um mir einen schönen Cocktail aus allerlei Arznei und Nahrungsergänzungsmitteln abzuholen. Das alles noch vor dem eigentlichen Frühstück, welches dieses Mal sogar vegan war.
Als ich mich einer Blutentnahme unterzogen hatte, die als äußerst unangenehm empfand, schleppte ich mein Gepäck auf die andere Seite des Treppenhauses und richtete mich ein. Ich war erleichtert darüber, mit einer Person meines Alters zusammen zu wohnen. Der Rest des Tages war war von viel Freizeit geprägt, die ich hauptsächlich zum Rauchen und Kennenlernen der anderen Patient*innen nutzte.
Im Verlauf des Vormittags erhielt ich außerdem ein dickes Buch; „Die Suchtfibel“. Der Auftrag war, ein Kapitel namens „Suchtbefreiung = Trennung?“ zu lesen und zu bearbeiten. Meine Aufgabe bestand darin einen Abschiedsbrief an die Substanz(en) zu schreiben nach denen ich süchtig bin, als würde ich den Brief an eine*n Beziehungspartner*in richten, von welcher ich mich trennen will.
Auch wenn die Aufgabenstellung ein, aus meiner Sicht, eigenartiges Bild von Liebesbeziehungen zeichnet, musste ich ein bisschen schmunzeln, beim Gedanken daran, dass meine Sucht genau so polyamor ist wie mein Konzept von Liebe.
Am späten Nachmittag ereilte mich ein Gefühl von Anspannung und Nervosität, mit dem ich nicht so recht umzugehen wusste. Glücklicherweise konnte ich mit einigen Freund*innen telefonieren, die mir Zuversicht spendeten.
Am Abend wurden wir zum wiederholten Mal über die Therapieordnung aufgeklärt. An sich keine schlechte Sache, hätte ich deren Einhaltung nicht schon bei der Einweisung längst zugestimmt. Nach einer weiteren Medikamentengabe und einer Tasse Schlaftee legte ich mich ins Bett um „Herr Lehmann“ weiterzulesen.
Vom Inhalt des Buches gefesselt, las ich es tatsächlich bis zum Ende durch. 300 Seiten in 2 Tagen. Das hatte ich seit Jahren nicht mehr geschafft. Ich schlief glücklich (und, wie ich morgens erfuhr, auch schnarchend) ein.
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