Guck mal, die Asis – Rezension

Ich habe Wendy Nikolaizik, die Autorin von „Guck mal, die Asis“ und „Guck nicht, wer wir heute sind“ auf einer Lesung kennengelernt. Gemeinsam mit Rodi war es eine Mischung aus Musik und Buchvorstellung.
Lieder, passend zum Buch ausgesucht und Textstellen, passend zum Gesang. Daraufhin beschloss ich, die Bücher zu lesen und auch zu rezensieren (danke für die E-Books als Rezensionsexemplar!).

Braves Mädchen trifft Asi.

Der grundsätzliche Plot ist schnell erzählt: Braves Mädchen trifft Punk. Sie verlieben sich. Ihre alten Freundinnen wirken plötzlich oberflächlich. Die Gegensätze zwischen bürgerlicher Welt (mit Lästern und Mobbing) und Punk Welt (sehr idealisiert) ziehen sich an. Am Ende fahren sie gemeinsam auf Klassenfahrt. Es wird dramatisch. (Mehr möchte ich nicht verraten, lest selbst.) (CN Gewalt, Alkohol, sexualisierte Gewalt, Ableismus im Buch.)

Mein 16-jähriges Ich und die Punks.

„Guck mal, die Asis“ ist ein Buch, das mir mit sechzehn gut gefallen hätte. Die Protagonistin erweist sich als überraschend zäh und deutlich weniger naiv, als vergleichbare Jugendbücher. Einer in der Gruppe ist schwul, das wird aber nicht großartig thematisiert. Alkohol und Drogen werden konsumiert. (Wer sich einbildet, Jugendliche würden nicht saufen, ist hart an der Realität vorbei.)

Die Freund_innenschaft in der Gruppe wird als eng, aber rücksichtsvoll gezeichnet. Trauma spielt eine Rolle und natürlich ist der stille, verschlossene, teilweise cholerische Punk eigentlich zart – und traumatisiert. Dennoch ist es ein Buch, das ich als Teenie gebraucht hätte. Allein als Punk auf dem Dorf, war schon ziemlich kacke.

Gerade die Protagonistin, die sich nicht in ein „ich werde dich retten“ verwickelt, gefällt mir sehr gut. Denn die meisten Jugendbücher, die mit Trauma arbeiten, benutzen dieses Trope. Sie will und kann ihn nicht retten. Aber sie will bei ihm sein und ihn unterstützen. Das ist eine durchaus gesunde Herangehensweise. Für beide von ihnen.

Fazit

Heute kann ich „Guck mal, die Asis“ leider nicht mehr voll und ganz genießen. Der Plot ist teilweise plakativ und an Ableismus wird nicht gespart. (Wie oft ich das Wort „Idiot“ gelesen habe, ich kann es nicht mehr zählen.) Auch „Asi“ würde ich maximal als Selbstbezeichnung durchgehen lassen. Mit NS-Sprache (unter dem Begriff „Asozial“ wurden Leute in KZ und Arbeitslager verschleppt und ermordet) möchte ich mich zumindest nicht un-eingeordnet auseinandersetzen müssen.
Es ist (trotz schwuler Nebenfigur) immer noch sehr heteronormativ. Mir fehlten Bezüge zu den Liedern (das kam im zweiten Band besser rüber). „Er hörte Punkmusik“ reicht mir nicht, um mir vorzustellen, wie die Stimmung sein soll.

Schlussendlich ist es ein Jugendbuch und als solches nicht schlecht gemacht. Aber ich merke, ich brauche mittlerweile Charaktere mit mehr Tiefe. Darüber hinaus ist der Ableismus einfach überflüssig. Ignorante, bürgerliche, neoliberale Menschen oder auch übergriffige Menschen müssen nicht als „Idioten“ bezeichnet werden. Unter dem Begriff wurden in der NS-Zeit behinderte Menschen umgebracht – ist also nicht sehr Punk.

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