Schlagwort: Persönliches

  • Trigger Warnung/Content Note: Stabil, instabil, kaputt.

    Was haben Triggerwarnungen, ein gut gemeintes „Dafür bist du nicht stabil genug, meinst du wirklich?“ und das Absprechen der Diskursfähigkeit gemeinsam? Und wo ist der Unterschied zwischen Trigger Warnung (TW) und Content Note (CN)?
    Sie berufen sich alle auf meine (zugeschriebene) psychische Stabilität.

    Trigger

    Teilweise ist das gut gemeint – aber nicht gut gemacht. Triggerwarnungen nehmen sich heraus, für andere Menschen zu entscheiden, was (potentiell) triggernd sein könnte. Allerdings ist diese Zuschreibung unmöglich, da Trigger so vielfältig sind wie die Menschen, die traumatisiert wurden. Während einige Personen von Wörtern überhaupt nicht getriggert werden, trifft bei anderen Menschen das durchaus zu.
    Manchmal wird alleine durch das Lesen ein Bild im Kopf geweckt, dass dann zum Flashback führt. In anderen Momenten wird die Assoziation mit einer Situation oder einer Täter_in hervorgerufen. Und manchmal passiert gar nichts.

    Nicht alle Trigger wirken immer, manchmal ist die betroffene Person stabil und das Wort löst überhaupt nichts aus. Manchmal bricht eins dann psychisch zusammen. (Ha. Da kam sie wieder, die Stabilität. Aber dazu später mehr.) Leider kündigen sich diese wechselhaften Trigger nicht mit blinkenden Schildern an, also wird erst nach der Verletzung festgestellt, was heute triggerte.
    Andere Worte triggern immer und sind zuverlässig – und können somit vermieden werden. Auch, indem eins Themen vermeidet, die diese Worte/Beschreibungen/(Wort)Bilder beinhalten.

    Paternalismus

    Wenn ich jetzt aber von wildfremden Personen „gewarnt“ werde, dann nehmen sie sich heraus, zu wissen, was mich (heute) triggert. Das ist verquer, denn ich weiß es meistens selber nicht. Potentiell traumatische Themenbereiche (z.B Psychiatrie, Suizid, SVV) sind natürlich prädestiniert dafür, Trigger zu beinhalten. Allerdings triggert mich auch die Beschreibung von deiner letzten Diät und im Zweifelsfall, was du gestern gegessen hast (hallo, Essstörung, alte Freundin). Aber da schreiben irgendwie Menschen relativ selten eine Warnung dran. (Und nein, ich möchte auf KEINEN FALL noch mehr Warnungen.)

    Content Notes

    Inhaltsbeschreibungen (Content Notes) haben den Vorteil, dass sie mir einen groben Überblick über den Inhalt geben. Ich kann (im Wissen über meine momentane Stabilität, meinen Umgang mit potentiellen Triggern und im besten Fall einem Rückzugsraum) entscheiden, ob ich das jetzt gerade lesen, es später lesen oder gar nicht lesen möchte.
    Ein bisschen wie der Klappentext eines Buches: Geht es da bereits um hocherotische Werwölfe mit muskelbepackten Armen, denen die Protagonistin (oder der Protagonist) instant verfällt… Dann lasse ich das Buch lieber liegen. (Nicht, weil es mich triggern würde, sondern weil es höchstwahrscheinlich schlechte Erotik und Sexismus und Heteronormativität enthält.) Aber durch die vorherige Information über den Text kann ich entscheiden und mir das Geld (oder den Flashback) ersparen.

    Gemeinsamkeiten und Unterschiede

    Der Unterschied zwischen einer Inhaltsbeschreibung und einer Warnung ist die Intention des Erstellenden. Eine Information informiert – wertungsfrei. Eine Warnung warnt – und wertet dabei. Eine Warnung entscheidet FÜR MICH, eine Information LÄSST MICH entscheiden. Aktiv und passiv.
    Und meine persönliche Entscheidungsfreiheit ist mir – gerade als Person mit Psychiatrie- und psychotherapeutischer Intensiverfahrung – sehr, sehr wichtig.

    Eigenverantwortung

    Deshalb kann ich es auch gar nicht haben, wenn Entscheidungen von mir – gut gemeint – hinterfragt werden. „Bist du dir sicher, dass du dafür stabil genug bist?“ – JA. Und wenn nicht, dann mache ich eben Fehler und lerne daraus. Auch psychisch kranke Menschen dürfen mal gegen ne Wand laufen, weil sie ihren Dickkopf durchsetzen mussten. Ich möchte nicht in jedem Fall „vor mir selbst geschützt“ werden. Die Momente, in denen ich mir das wünsche, habe ich vorher kommuniziert – und die Hürden dafür sind bewusst hoch gelegt.

    Ich bin für mich selbst verantwortlich und das bedeutet, dass ich auch „ungesund“ handeln darf. Ich darf gegen Mauern rennen und mir den Kopf anstoßen. Deshalb bin ich ÜBERAUS verärgert, wenn mir andere Menschen dauerhaft eine Matratze vor die Wand stellen.
    Dabei können Menschen auch durchaus sagen, dass sie meine Entscheidungen nicht gut finden. Sie dürfen auch sagen, dass ich sie noch einmal überdenken sollte. Allerdings dann bitte begründet (und zwar inhaltlich) und nicht auf Basis meiner psychischen Stabilität. Die schätze ich schlussendlich immer noch alleine ein. Das kann keine andere Person für mich tun. Punkt.

    Ableismus als Waffe

    Noch schlimmer sind nur Menschen, die meine Traumata (über die ich bewusst sehr offen kommuniziere) dazu verwenden, mich zu diskreditieren. Die mir die Diskursfähigkeit absprechen und versuchen, mich als instabil darzustellen – um sich nicht inhaltlich mit mir auseinandersetzen zu müssen. Ein inhaltlicher Diskurs (gerne auch Streit) würde ja bedeuten, mich als gleichberechtigte_n Diskurspartner_in wahrzunehmen und mir eine Stellung einzuräumen. Es würde bedeuten, dass sich Personen mit anderen Meinungen als meiner ARGUMENTE ÜBERLEGEN MÜSSEN, um mir Kontra zu bieten.
    Stattdessen wird darauf abgestellt, dass alle meine Argumente aus sich selbst heraus wertlos seien und eine weitere Beschäftigung damit unnütz. Ich als Gestörte_s (meine Eigenbezeichnung, wenn ihr mich so nennt, gibt es Stress!) wäre ohnehin nicht fähig, am Diskurs teilzunehmen.

    Gatekeeping

    Leider haben Personen, die so etwas äußern, die Gesellschaft auf ihrer Seite. Menschen aufgrund von Krankheiten aus dem Diskurs auszuschließen hat eine lange Tradition. Die Unterdrückung von Personen aufgrund von (zugeschriebenen) Einschränkungen einen Namen: Ableismus.
    Jede beschriebene Situation ist ein Beispiel  dafür, wie sich neurotypische, body abled Personen als Gatekeeper_innen sehen, die bestimmen, wer „stabil“ genug ist, zum Diskurs zugelassen zu werden – und wer nicht.
    Gatekeeping bedeutet, dass sich nicht-Betroffene zum Torhüter ernennen, um für Betroffene zu entscheiden. Entweder, weil sie behaupten, besser als Betroffene entscheiden zu können, was gut für diese ist. Alternativ, weil sie Betroffene gar nicht im Diskurs haben wollen. Die könnten ja anderer Meinung sein und das macht die eigene, privilegierte Weltsicht kaputt.

    ableistische Erwartungen

    Gleichzeitig leben wir in einer Gesellschaft, die nicht auf die Bedürfnisse von body disabled und/oder neuroatypischen Personen ausgelegt ist. Deshalb erwartet sie von uns Betroffenen, dass wir uns anpassen und uns Mühe geben, in dieser Gesellschaft klarzukommen. Oft haben wir das sogar selbst verinnerlicht und suchen die Schuld für unser „Versagen“ bei uns, anstatt anzuerkennen, dass wir in einer Gesellschaft überleben, die alles dafür tut, damit wir es nicht schaffen. Kapitalistische Verwertungslogik wird in Therapien eingetrichtert und sorgt dafür, dass wir uns so lange Mühe geben, bis wir zusammenbrechen – um immer noch nicht genug getan zu haben. Finde ich kacke.

    Fazit

    Zum „guten Leben für alle“ gehört auch, dass mein DaSein und SoSein einen Raum bekommen. Und den nehme ich mir und ich beiße, wenn irgendwer versucht, mich in Watte zu packen und mir die Zähne zu ziehen!

  • Gestört, nicht krank. Ein Umgang mit mir.

    Wenn ich darüber rede (oder schreibe) wie es ist, als ich zu leben, dann komme ich oft in die Situation, dass Menschen hilflos werden. „Ich würde dir so gerne helfen, aber…“, und dann schauen sie mich mit traurigen Dackelaugen an und ich frage mich, wobei mir diese Menschen denn helfen wollen. Aber meine Kommunikation ist ohnehin oft gestört.

    Meistens geht es nämlich nicht darum, mir das Leben irgendwie zu erleichtern. Nein, sie wollen mich „gesund“ machen. Schließlich bin ich ja krank.

    Gestört, nicht krank.

    Nein. Ich bin gestört, nicht krank. Ich befinde mich auf dem Spektrum der Charakter- und Verhaltensweisen so weit abseits des als normal definierten Bereichs, dass es pathologisiert wurde. (Dabei ist die Art und Weise der Pathologisierung ein Problem für sich, aber das ist ein anderes Thema.) Der Unterschied liegt darin, dass Krankheiten eine andere Herangehensweise erfordern als Störungen. Meine Krankheiten sorgen dafür, dass es mir schlecht geht. Meine Störung sorgt dafür, dass es mir schlecht geht, weil ich anders bin – aber sie sorgt nicht aus sich selbst heraus dafür, dass es mir schlecht geht. Ich habe keinen Leidensdruck, der dafür sorgt, dass ich mich grundsätzlich als Problem wahrnehme – der kommt erst von außen. (Und ist mittlerweile dauerhaft da, aber auch das ist ein anderes Thema. Ich glaube, ich muss einen Fußnotenartikel zu diesem hier schreiben. Meine Güte.)

    Ich bin Autist_in. Das nennt sich in offizieller Diagnostik dann „Autismus-Spektrum-Störung„.

    Krank, nicht gestört.

    Ich bin auch krank. Ich habe Depressionen (wiederkehrende, seit mittlerweile anderthalb Jahrzehnten), körperliche Beschwerden dadurch, chronische Schmerzen. Das sind alles Sachen, bei denen ich tatsächlich Hilfe brauche – und sie mir auch einfordere. Beispielsweise durch den Nachteilsausgleich in der Uni oder durch den Antrag auf Schwerbehinderung. Aber auch dadurch, dass manchmal Umfeldmenschen für mich Dinge abholen oder ein Herzmensch mit mir rausgehen muss, weil es alleine nicht geht. Aber das meinen die Menschen meistens nicht, wenn sie mir so hilflos „helfen“ wollen.

    Ihr wollt mich „gesund“ zaubern, obwohl ich gar nicht krank bin.

    Neurodiversität und Maskieren

    Ich bin anders, als es der Bereich des Spektrums vorsieht und das macht euch hilflos. Ihr könnt meine Realität nicht nachvollziehen und ihr stellt sie euch schrecklich vor. Glaube ich. Zumindest sorgt eure Reaktion dafür, dass ich das denke. Wenn ihr mir wirklich helfen wollt, dann macht eure Welt für mich inklusiver. Sorgt dafür, dass ich mich in Räumen wohlfühle. Sorgt dafür, dass es weniger überfordernde Situationen gibt und sprecht Klartext. Lasst mir Raum, wenn ich gerade in ein Loch stürze und erzählt mir nicht, ich „solle mich beruhigen“. Stellt meine Realität nicht in Frage. Glaubt mir, dass auch meine Emotionen valide sind.

    Ich kann eure Realität auch nicht nachvollziehen. Aber im Gegensatz zu euch wurde mir beigebracht, dass ich deshalb ein Problem bin. Mir wurde beigebracht, dass ich mich ändern müsse, an die Norm anpassen und das ich erst, wenn ich das schaffe, ein Recht habe, mit euch zu interagieren. Gestört zu sein, ist ein Anpassungsurteil.

    Nein. Das ist paternalisierender Bullshit. Ich habe das gleiche Recht darauf, mit euch zu leben, wie ihr auch. Ich bin nicht grundlegend falsch, nur anders.

    Und euer Mitleid, eure Hilflosigkeit, die sorgen nur dafür, dass ich mich frage, was denn an meinem DaSein, meinem SoSein so unglaublich furchtbar sein soll, dass es solche Reaktionen hervorruft.
    Ich bin nicht unglücklich damit, wie ich bin.

    Ich bin nur anders als ihr.

    Pathologisierung

    Und dadurch, dass ich Psychiatrie und psychiatrische Pathologisierung aufgrund von systematischer Kritik begonnen habe, kritisch zu sehen, bin ich auch der Meinung, dass es auch für Menschen mit Störungen einen Umgang gibt. Einen Umgang, der nicht auf einem Machtgefälle zwischen pathologisierten und normativen Menschen beruht, sondern der einfach die Emotionen und Bedürfnisse aller Beteiligten akzeptiert.

    Ich habe Verlustängste. In Gesellschaft genieße ich das Spotlight. Gleichzeitig nehme ich alle Reize viel intensiver wahr. Ich kann die Stimmungen anderer Menschen gut erkennen, aber ihre Intensität nicht nachvollziehen. Kommunikation muss klar, verständlich und deutlich sein. Ich habe gerne, viel und intensiv Sex. Und ich lebe polyamor.

    Das alles sind Verhaltensweisen, die Diagnosen ausmachen. Die pathologisiert werden. Neurologisch gestört. Emotional gestört. Sucht es euch aus. Sexismus und Transfeindlichkeit machen auch vor der Psychiatrie nicht Halt.

    Leider ist die Lösung für diese Bedürfnisse oft, dass ich sie rationalisieren und unterdrücken soll. Das empfinde ich als falsch. Es mag für diese Gesellschaft momentan funktionieren, aber ich finde auch diese Gesellschaft falsch.

    Kommunikation.

    Stattdessen bin ich für eine Kommunikation, in der ich alle Bedürfnisse erst einmal formulieren kann. In der die verschiedenen Bedürfnisse verhandelbar sind. Nein, mein(e) Gegenüber haben nicht die Pflicht, meine Bedürfnisse zu erfüllen. Sie dürfen jederzeit sagen, dass sie gerade nicht können oder wollen oder einfach Nein, ohne es zu begründen.
    Aber ich möchte sie aussprechen können, bevor ich sie rationalisieren muss. Ich möchte sagen können: „Ich brauche gerade eine Person, die mich festhält.“, aber ohne, dass die andere Person in den Druck kommt, dieses Bedürfnis erfüllen zu müssen. Aber damit kann sie es erfüllen, wenn sie das möchte. Und andersherum sollte es genauso möglich sein – Formulierung von Bedürfnissen und vollständige Akzeptanz der jeweiligen Reaktion.

    Dabei müssen dann die Bedürfnisse nicht mehr gewertet und analysiert werden. Sie sind erst einmal da und es kann ein Umgang damit gefunden werden. Ohne Pathologisierung, ohne Druck.

    Und hinterher kann ich immer noch gucken, an welchen Sachen ich arbeiten möchte (z.B die Verlassensängste) und welche Sachen ich eigentlich voll in Ordnung finde (Polyamorie, BDSM, Sex). Was ich bearbeiten will, dass soll dann auch durch Therapeut_innen bearbeitet werden können – aber ohne Diagnose, ohne Pathologisierung, ohne „Du bist ein Problem.“.

    Hübsche Wunschvorstellung, nicht?

  • DaSein und SoSein.

    Ich hatte im Laufe meines Lebens ungefähr dreizehn Jahre lang Psychotherapie. Ich bin knapp zwanzig.
    Das ist eine beeindruckende Zeitspanne, habe ich mir sagen lassen. Ich kann das nicht beurteilen, es war meine Normalität. Angefangen hat es, als ich sechs war und dann mehr oder weniger durchgängig, bis ich neunzehn wurde. Mein DaSein war behandlungswürdig, immer.
    Jetzt der erneute Anfang. Diese Therapie unterschied sich jedoch frappierend von allen anderen, die ich zuvor hatte.

    „Wir sind hier doch keine Besserungsanstalt!“ – ein Satz meiner letzten Therapeutin. Dieser Satz ist einmalig, ist besonders in meiner Historie an Therapeut_innen, denn die bisherigen benahmen sich durchaus so, als ginge es darum, mich zu verbessern. Mich anzupassen. Mich gefällig zu machen.
    Mein DaSein angenehmer zu machen, für andere.

    Gaslighting

    Wenn ich in der Sitzung eine problematische Situation schilderte, dann war die darauffolgende Überlegung, was ich daran ändern könnte, damit so eine Situation nicht wieder geschieht.
    „Du kannst andere Menschen nicht ändern, nur dich selbst.“, ist ein Satz, den ich so oder so ähnlich unendlich oft gehört habe. Immer dann, wenn ich der Meinung war, dass mit mir nichts falsch ist, dass sich meine Gegenüber falsch verhalten haben und das es somit unfair ist, dass ich mich ändern muss und nicht die Täter_innen. Meine Wut, meine Frustration, sie hatten keinen Platz in dieser Umgebung. Sie waren schlicht und ergreifend nicht erlaubt.

    Es gab kein Verständnis dafür, dass ich mich nicht immer ändern wollte. Es gab kein Verständnis für meine Situation, es wurde nie erklärt, dass es nicht um Schuld oder Unschuld ging.
    Für mich war klar: Du musst dich ändern, also bist du auch automatisch das Schuldige. Denn nur wer schuldig an der Situation ist, muss sich ändern. Alles andere wäre schließlich ungerecht.

    Gerechtigkeit

    Ja, ich glaubte an Gerechtigkeit, auch wenn das hieß, dass ich dauerhaft „an allem schuld“ war. Das machte mich zwar traurig, wütend und verzweifelt, aber es war so, dass „die Erwachsenen“ es schließlich besser wussten – und gerade in der Kinder- und Jugendpsychiatrie ist das Machtgefälle besonders hoch. Ich habe das nie hinterfragt. Nie, bis meine Psychologin mir den Satz von oben sagte – sie völlig erstaunt darüber, dass ich mich „bessern“ wollte, ich völlig erschüttert darüber, dass ich nicht grundsätzlich falsch bin.

    Es hatten nämlich alle vergessen zu erwähnen, dass der Satz eigentlich lauten müsste „Du kannst andere Menschen nicht ändern, aber du kannst DEINEN UMGANG mit ihnen ändern“. Dann wäre nämlich nicht dieses grundsätzliche „Ich bin fehlerhaft“ entstanden. Es wäre um Umgang gegangen, um beeinflussbares Verhalten – und nicht um den Minidrops, der zurechtgelutscht werden muss und bereits durch das SoSein ein Problem darstellt.

    In dieser letzten Klinik hatten meine Wut und meine Frustration Platz. Ich durfte mich darüber aufregen, wenn Menschen sich scheiße verhalten haben und es hatte Raum. Ich durfte wütend sein. Wut durfte ein Umgang sein. (Ich durfte keine weißen, alten Männer anzünden, aber eins kann ja nicht alles haben.)

    Raum zum DaSein

    Mir hatte vorher einfach noch kein psychologisches Fachpersonal erklärt, dass es mehr gibt, als sich selbst grundlegend ändern und anpassen zu müssen. Ich darf auch einfach sein und muss nicht mit allen Menschen zurechtkommen.

    Und wisst ihr, was traurig ist? Es hat dreizehn Jahre Therapie gebraucht, damit mir eine Psychologin vor einem halben Jahr mal die Erlaubnis gibt, dass ich anecken darf. Ich scheitern darf. Wütend sein darf. Ich Traurig sein darf. Nicht völlig falsch bin.

    Ich darf DaSein. Auch ohne, dass es allen gefällt.

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